Vegane Ernährung im Kindes- und Jugendalter
Bei der veganen Ernährung ist der Verzehr ausschließlich auf pflanzliche Lebensmittel beschränkt. Demnach werden alle vom Tier stammenden Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier, aber auch Honig und vom Tier stammende Zusatzstoffe wie Lecithin aus Ei gemieden.
Aktuelle Position der DGE zu veganer Ernährung
Eine vegane Ernährung kann, wie auch andere Ernährungsweisen, nicht pauschal bewertet werden. Für alle Ernährungsweisen gilt, dass, je stärker die Lebensmittelauswahl eingeschränkt wird und je weniger abwechslungsreich gegessen wird, desto mehr steigt das Risiko für eine unzureichende Zufuhr von Nährstoffen. Diese Unterschiede in der Ausgestaltung der Ernährungsweise sind bei der Umsetzung einer veganen Ernährung von Bedeutung.
Gegenüber anderen Ernährungsweisen wurden bei einer veganen Ernährung potenzielle Vor- und Nachteile für die Gesundheit identifiziert. Für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung kann eine vegane Ernährung neben anderen Ernährungsweisen, unter der Voraussetzung der Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats, einer ausgewogenen, gut geplanten Lebensmittelauswahl sowie einer bedarfsdeckenden Zufuhr der potenziell kritischen Nährstoffe (ggf. auch durch weitere Nährstoffpräparate) eine gesundheitsfördernde Ernährung darstellen.
Für die vulnerablen Gruppen, zu denen auch Kinder und Jugendliche zählen, kann die DGE aufgrund der weiterhin eingeschränkten Datenlage weder eine eindeutige Empfehlung für noch gegen eine vegane Ernährung aussprechen. Aufgrund des Risikos für potenzielle, teilweise irreversible Konsequenzen bei inadäquater Durchführung müssen für eine vegane Ernährung in vulnerablen Gruppen besonders fundierte Ernährungskompetenzen vorliegen. Eine Ernährungsberatung durch qualifizierte Fachkräfte ist daher für diese Gruppen dringend angeraten.
Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Gestaltung der Verpflegung DGE-Positionspapier zu veganer Ernährung
Eine vegane Ernährung ist als äußerst umweltfreundlich anzusehen, sie stellt eine empfehlenswerte Maßnahme zur Verringerung der Umweltbelastungen des Ernährungssystems dar.
Klug auswählen, kombinieren und ergänzen!
Eine gut geplante vegane Ernährung hat in Bezug auf Ballaststoffe, Gemüse und Obst häufig eine günstigere Zusammensetzung als die in Deutschland übliche Mischkost. Dennoch besteht das Risiko, dass eine ausreichende Versorgung mit einer Reihe von Nährstoffen nicht sichergestellt ist.
Hinzu kommt, dass Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen einen gesteigerten Nährstoffbedarf haben und daher bei einer veganen Ernährung ein höheres Risiko für einen Nährstoffmangel.
Um den Nährstoffbedarf bei einer veganen Ernährung zu decken, ist eine sorgfältige Lebensmittelauswahl erforderlich. Legen Sie ein besonderes Augenmerk auf jene Nährstoffe, die in anderen Kostformen durch Fleisch, Fisch, Milch, Milchprodukte und Eier zugeführt werden. Dies betrifft v. a. das Protein, die langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die Vitamine B2, B12 und D sowie die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Jod, Selen und Zink und ggf. auch das Vitamin A.
Neben einer ausgewogenen und gut geplanten Lebensmittlauswahl ist eine gezielte Kombination von nährstoffdichten und angereicherten Lebensmitteln notwendig für eine bedarfsdeckende Versorgung mit den genannten kritischen Nährstoffen.
Achtung! Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 ist bei einer veganen Ernährung nicht sichergestellt und kann nur durch die dauerhafte Einnahme eines Vitamin B12-Präparates gewährleistet werden. Klinische Mangelerscheinungen stellen sich häufig erst nach einigen Jahren mit Vitamin B12-freier oder -armer Ernährung ein.
! Die Versorgung mit den (potenziell) kritischen Nährstoffen sollte daher bei einer rein veganen Ernährung regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.
Für eine vegane Ernährung gilt grundsätzlich:
- Obst und Gemüse – viel und bunt
- Basis ist eine bunte Vielfalt von Obst und Gemüse mit mindestens 5 Portionen am Tag.
- Vollkorn ist die beste Wahl
- Vollkornprodukte sind wichtige Lieferanten für Protein, die B-Vitamine, Eisen und Zink
- Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsaaten regelmäßig essen
- Hülsenfrüchte, wie Erbsen, Bohnen, Linsen wie auch die Sojabohne sind wichtige Proteinquellen, liefern B-Vitamine und Eisen. Nüsse enthalten die lebensnotwendigen Fettsäuren sowie Eisen und Zink.
- Pflanzliche Öle für die Omega-3-Fettsäuren
- Bevorzugen Sie v. a. Rapsöl und daraus hergestellte Margarine. Empfehlenswert sind außerdem Walnuss-, Lein-, Soja- und Olivenöl.
- Jodsalz als Beitrag zur Jodversorgung
- Der Einsatz von jodiertem Speisesalz in der Küche sowie der Verzehr von mit Jodsalz verarbeiteten Produkten sowie mit Jod angereicherte Lebensmittel leisten einen wichtigen Beitrag.
- Versorgung mit den potentiell kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüfen. Bei einem Nährstoffmangel ist es empfohlen, die Ernährung umzustellen und gezielt angereicherte Lebensmittel als auch Nährstoffpräparate zuführen, bis der Nährstoffmangel behoben ist. Lassen Sie sich auch von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft informieren und beraten.
- Angereicherte Lebensmittel können den täglichen Speiseplan sinnvoll ergänzen und die Nährstoffversorgung der Kinder und Jugendlichen unterstützen.
- Im Handel wird ein reichhaltiges Sortiment veganer Fertig- und Alternativprodukte angeboten. Dabei handelt es sich einerseits teilweise um hoch verarbeitete Produkte mit einem hohen Gehalt an Zucker, Speisesalz oder Fett, die evtl. mit vielen Zusatzstoffen versehen sind. Solche Lebensmittel können ernährungsphysiologisch ungünstig und daher nicht unbedingt gesundheitsfördernd sein. Andererseits sind vegane Fertig- oder Alternativprodukte teilweise mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert und können dadurch einen nennenswerten Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Prüfen Sie beim Kauf von pflanzlichen Milch-, Fleisch- und Fischalternativen die Zutatenliste und die Nährwertangaben, um eine ernährungsphysiologisch günstige Entscheidung zu treffen.
Bei den pflanzlichen Lebensmitteln tragen vor allem Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen, aber auch Getreideprodukte wie Vollkornbrot zur Versorgung mit Protein bei. Protein aus pflanzlichen Lebensmitteln weist, mit Ausnahme von Sojaprotein, meist eine geringere Proteinqualität auf als Protein aus tierischen Quellen und ist damit für den Menschen weniger gut verwertbar. Durch eine gezielte Kombination und Auswahl pflanzlicher Proteinquellen aus Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln kann die Proteinqualität verbessert werden.
Kombinationsbeispiele:
- Getreide (Vollkorn) + Hülsenfrüchte,
- wie z. B. bei einem Linseneintopf mit Brot oder Dinkelpfanne mit Tofu und Gemüse, Chili sin Carne mit Reis, Hummus mit Vollkornbrot
- Kartoffeln + Hülsenfrüchte,
- wie z. B. Kartoffel-Linsen-Curry, Rote Linsensuppe mit Möhren und Kartoffeln
Fettreicher Fisch ist Hauptlieferant der langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Wird kein Fisch verzehrt, ist der menschliche Körper zwar in der Lage, diese aus der lebensnotwendigen Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) selbst herzustellen – aber nur in geringem Maße.
Pflanzliche Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure (ALA):
- Raps- und Walnussöl
- Nüsse, v. a. Walnüsse
- Ölsaaten z. B. Leinsamen und Sesam
Pflanzenöle mit einem hohem Gehalt an alpha-Linolensäure gegenüber Ölen mit einem hohem Gehalt an Linolsäure (Keimöle, Sonnenblumenöl) bevorzugen. Dies gilt auch für daraus hergestellte Produkte wie z. B. Margarine.
Beim Verzicht auf tierische Produkte entfallen Seefisch sowie Milch und Milchprodukte als bedeutende Lieferanten für Jod. Die Verwendung von jodiertem Speisesalz und mit Jodsalz zubereitete Produkte wie z. B. Brot sowie mit Jod angereichter Lebensmittel wie z. B. Pflanzendrinks leisten einen Beitrag zur Jodversorgung.
Auch Meeresalgen wie z. B. Nori können gelegentlich verzehrt werden. Beim Einsatz von Algen muss aber auf einen deklarierten, moderaten Jodgehalt geachtet werden. Algenprodukte mit einem Jodgehalt von > 20 mg/kg stuft das Bundesinstitut für Risikobewertung als gesundheitsschädlich ein und rät von einem Verzehr ab.
Es gilt:
- Die ausschließliche Verwendung von jodiertem Speisesalz ist alleine keine ausreichende Maßnahme.
- Algen und Algenpräparate, bei denen der Jodgehalt nicht ausgewiesen ist, sind aufgrund der stark schwankenden Gehalte nicht zu empfehlen sind.
- Bei Kindern und Jugendlichen sollte eine Supplementation in individueller Absprache mit dem*der Pädiater*in erfolgen.
Eisen zählt bei der veganen Ernährung zu den potentiell kritischen Nährstoffen, da der menschliche Körper dieses aus tierischen Lebensmitteln besser aufnehmen kann als aus pflanzlichen. Die Eisenverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln wird verbessert, wenn gleichzeitig Lebensmittel verzehrt werden, die reich an Vitamin C, Zitronensäure (z. B. aus Gemüse und Obst) oder Milchsäure (z. B. aus Sauerkraut) sind. Achten Sie daher bei der Zubereitung von Mahlzeiten die Kombination solcher Lebensmittel.
Gute Kombinationen bzw. Lebensmittel sind z. B.:
- Falafel mit Krautsalat
- Paprika mit Linsenfüllung
- Hummus mit Zitronensaft
- Hirseauflauf mit Obst
- Roggenbrötchen oder Sauerteigbrot zu Suppen oder Salattellern.
Milch und Milchprodukte sind die Lieferanten für Calcium. Das ist gerade für Kinder, die sich im Wachstum befinden, neben Vitamin D, wichtig für den Knochenaufbau und für gesunde Zähne. Da auch Milch und Milchprodukte bei einer veganen Ernährung gemieden werden, muss das Calcium durch pflanzliche Alternativen gedeckt werden.
Reich an Calcium ist dunkelgrünes, oxalatarmes Gemüse wie z. B. Grünkohl, Brokkoli, Blattspinat, Pak Choi oder Rucola sowie Sesam(-mus), Tofu und Nüsse. Zudem helfen calciumreiche Mineralwässer mit einem Calciumgehalt von mindestens 250 mg/L sowie mit Calcium angereicherte Lebensmittel wie z. B. pflanzliche Milchalternativen den Calciumbedarf zu decken.
Ölsaaten, Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide sind gute pflanzliche Lieferanten für Vitamin B2 und Zink.
Kohl- und Zwiebelgemüse, Pilze, Spargel und Hülsenfrüchte sind reich an Selen.