Eine zukunftsfähige Verpflegung

Was zeichnet eine zukunftsfähige Verpflegung in Schulen aus? Die Antwort liegt auf der Hand: ein Konzept, welches die Gesundheit der Schüler*innen fördert und durch eine nachhaltigere Ausrichtung die Ressourcen der Erde schont.
Essen und Trinken ist mehr als nur die Aufnahme von Energie und Nährstoffen. Wie wir uns ernähren und was in der Schulverpflegung angeboten wird, beeinflusst nicht nur das eigene Wohlergehen und das der Schüler*innen, sondern auch das Wohl heutiger und zukünftiger Generationen. Viele Lebensmittel die wir konsumieren, tragen einen erheblichen Fußabdruck im Hinblick auf Umwelt, Klima, soziale Aspekte und Tierschutz.

 

Was versteht man eigentlich unter Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit – dieses Wort begegnet uns in fast alle Bereichen unseres Lebens. Oftmals verbinden wir das Wort mit Langlebigkeit und Umweltschutz. Aber was heißt Nachhaltigkeit genau?

Im Duden findet man unter dem Begriff Nachhaltigkeit drei Begriffserklärungen:

  • eine längere Zeit anhaltende Wirkung
  • Forstwirtschaft: forstwirtschaftliches Prinzip, nach dem nicht mehr Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen kann
  • Ökologie: Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.

 

Ursprüngliche Bedeutung – nach Carl von Carlowitz im Jahr 1713

Erstmals wurde der Begriff Nachhaltigkeit 1713 von Hans Carl von Carlowitz verwendet. Aufgrund der drohenden Holzknappheit beschäftigte er sich intensiv mit der Holz- und Forstwirtschaft. Sein Grundgedanke war dabei, dass in einem Wald nur so viele Bäume abgeholzt werden sollen, wie in absehbarer Zeit wieder nachwachsen können. Das Ziel war den Bestand des Waldes langfristig sicherzustellen.

Brundtland-Report definiert 1987 „Nachhaltige Entwicklung“

1983 wurde die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and Development, WCED) gegründet. Die Kommission hatte den Auftrag langfristige Perspektiven für eine Entwicklungspolitik aufzuzeigen, die zugleich auch umweltschonend ist. 1987 wurde der, den nach ihrer Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland bezeichneten Bericht, «Our common future» veröffentlicht. In diesem wurde erstmals ein Leitbild zur Nachhaltigen Entwicklung, gemäß heute üblichem Verständnis, entwickelt:


„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“

 

Agenda 2030 – 17 Nachhaltigkeitsziele der UN

2015 verabschiedete die UN-Vollversammlung im Rahmen des UN-Nachhaltigkeitsgipfels die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Ziel ist es, innerhalb von 15 Jahren verschiedene Maßnahmen zu initiieren, um die Lebensverhältnisse auf dem gesamten Planeten zu verbessern. Gleichzeitig soll für künftige Generationen ein Schutz der Erde sichergestellt werden. Diese Ziele werden auch Sustainable Development Goals (SDG) genannt.

Die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ stellt klar, dass sich die globalen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft nur meistern lassen, wenn die internationale Staatengemeinschaft zusammenarbeitet. Die Agenda 2030 gilt sowohl für Entwicklungsländer, Schwellenländer und Industriestaaten. Sie verpflichtet alle Länder dazu, einen Beitrag zur Zukunft des Planeten zu leisten.

Eine nachhaltige Entwicklung bezieht sich auf den verantwortungsbewussten Umgang mit den endlichen Ressourcen unserer Erde. Die 17 sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ziele machen deutlich, wie weit der Begriff der nachhaltigen Entwicklung gefasst wird.

 

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

Mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie werden die SDG der Vereinten Nationen in eine nationale Strategie überführt. In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie 2021 räumt die Bundesrepublik Deutschland den DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen einen festen Platz im Bereich der nachhaltigen Agrar- und Ernährungssysteme ein.

 

Welche Rolle nimmt die Ernährung bzw. Verpflegung in Bezug auf Nachhaltigkeit ein?

Laut FAO ist eine nachhaltige Ernährung definiert als „Eine Ernährungsweise mit geringen Umweltauswirkungen, die zur Nahrungs- und Ernährungssicherheit und zum gesunden Leben für gegenwärtige und zukünftige Generationen beiträgt“.

Auf Grundlage verschiedener Definitionen von nachhaltiger Ernährung hat der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz vier zentrale Ziele – Gesundheit, Umwelt, Soziales, Tierwohl – für eine nachhaltigere Ernährung formuliert, die in folgender Abbildung erläutert sind.

 

Der aktuelle DGE-Qualitätsstandard orientiert sich an diesen vier Zielen. Die Rubrik Nachhaltigkeit in der Praxis sowie mit einem grünen Blatt gekennzeichnete Beiträge informieren über Aspekte und Umsetzungshilfen einer nachhaltigen Verpflegung.   

Um sagen zu können, wie nachhaltig eine bestimmte Ernährungsweise ist, muss nicht nur die Verarbeitung in den Blick genommen werden, wie z. B. die Art der Zubereitung und die Frage, ob Produkte tiefgefroren oder frisch eingekauft werden, sondern die gesamte Wertschöpfungskette. Die Wertschöpfungskette reicht von der Herstellung von Produktionsmitteln für die Landwirtschaft über die landwirtschaftliche Produktion selbst bis hin zur Verarbeitung und zum Konsum. Aspekte der Nachhaltigkeit, wie die Belastung der Umwelt, lassen sich entlang dieser Kette verfolgen. Bei der Umweltbewertung von Lebensmitteln ist deshalb der gesamte Lebensweg eines Produkts zu betrachten. Und auch Lebensmittelverluste und –verschwendung sowie die Arbeitsbedingungen müssen bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Ernährungsweisen mitbedacht werden.

Wertschöpfungskette: Dies ist eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die ein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird.

 

Ernährung und Treibhausgasemissionen

Die relevantesten Treibhausgase sind Wasserdampf (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und Ozon (O3). Als Treibhaushausemissionen bezeichnet man deren Ausstoß in die Erdatmosphäre. Treibhausgasemissionen können z. B. als Maß für die Klimawirkung eines Produkts dienen und werden in der Regel in CO2-Äquivalenten angegeben.

Der Beitrag der Ernährung an den Treibhausgasemissionen liegt weltweit bei 25 % bis 30 %. Diese entstehen bei der Produktion von Lebensmitteln z. B. durch Traktoren oder Erntemaschinen, Dünger für die Felder, beheizte Gewächshäuser und Tierställe, die Lebensmittelindustrie, durch Kühlen oder Tiefgefrieren von Lebensmitteln, deren Transport und letztlich die Zubereitung von Speisen. Neben der Emission von Treibhausgasen hat die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft noch zahlreiche weitere Auswirkungen auf die Umwelt und beeinflusst als offenes System Boden, Wasser, Tiere und Pflanzen.
Es reicht nicht aus die Ernährung und damit auch die Schulverpflegung nur an Aspekten der Gesundheitsförderung auszurichten. Vielmehr ist es unerlässlich, die Ernährungsweise so zu gestalten, dass nicht unnötig Ressourcen verbraucht werden.

Die möglichen Einsparungen an Treibhausgasemissionen z. B.  im Bereich Schulküchen liegen bei ca. 40 %, wie die Berechnungen des Projekts Klima- und EnergieEffiziente Küchen in Schulen (KEEKS) zeigen. Danach werden in der Schulverpflegung etwa drei Viertel der Treibhausgasemissionen durch die ausgewählten Lebensmittel verursacht. Rund ein Viertel der Treibhausgase entstehen durch Küchentechnik, Zubereitung sowie Speisereste. Die Schulverpflegung kann mit der Zusammenstellung des Speiseplans mit überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten und eine Vorbildfunktion einnehmen. Im DGE-Qualitätsstandard sind für die Lebensmittel und Lebensmittelgruppen, die aus Sicht der Gesundheitsförderung und für eine nachhaltige Ernährungsweise besonders empfehlenswert sind – Mindesthäufigkeiten festgelegt. Für Lebensmittel und Lebensmittelgruppen die weniger empfehlenswert sind, sind Maximalhäufigkeiten angegeben.

 

Treibhausgasemissionen verschiedener Lebensmittelgruppen

Der ökologische Landbau ist eine besonders nachhaltige Form der Bewirtschaftung. Daher ist die Verwendung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung empfehlenswert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Bewerben eines Bio-Angebotes eine Teilnahme am Kontrollverfahren nach EG-Öko-Verordnung voraussetzt. Soll die Verwendung ökologisch erzeugter Lebensmittel ausgelobt werden, muss eine Zertifizierung durch eine anerkannte Öko-Kontrollstelle erfolgen.

Lebensmittel verursachen bei der Produktion unterschiedlich hohe Treibhausgasemissionen.
So verursacht die Herstellung tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte (vor allem von Wiederkäuern wie Rind, Schaf und Ziege stammend) besonders hohe Treibhausgasemissionen. Diese fallen bei pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Gemüse und Obst deutlich geringer aus, wobei es auch innerhalb der Lebensmittelgruppe Unterschiede gibt. Gemüse aus beheizten Gewächshäusern verursachen um den Faktor 5 bis 20 höhere Treibhausgasemissionen als saisonales Gemüse, welches in unbeheizten Gewächshäusern oder Freiland angebaut wird.

Die Wahl zwischen verschiedenen Lebensmittelgruppen hat meistens den größten Einfluss auf die Umwelt, da die Unterschiede zwischen Lebensmittelgruppen in der Regel deutlich höher sind als die Unterschiede innerhalb einer Lebensmittel- oder Produktgruppe. So verursacht z. B. ein Kilogramm Rindfleisch im Durchschnitt rund zwölf Kilogramm CO2-Äquivalente – die gleiche Menge Linsen dagegen unter ein Kilogramm.

Auch die Herstellung ernährungsphysiologisch bedeutsamer Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte, Fisch oder Nüsse kann negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Diese Lebensmittel sollten dennoch aufgrund ihrer gesundheitsfördernden Bedeutung entsprechend ihrer empfohlenen Verzehrshäufigkeit und -menge in den Speiseplan integriert werden.

Die folgende Tabelle stellt die geschätzten Treibhausgasemissionen – ausgedrückt in Kilogramm CO2-Äquivalent – bei der Produktion ausgewählter Lebensmittel beispielhaft gegenüber. Die dargestellten Werte dienen der Orientierung und können bei veränderten Rahmenbedingungen variieren.

CO2-Äquivalente: Neben CO2 wirken sich weitere Treibhausgase (z. B. Methan oder Lachgas) auf die Erderwärmung aus. Deren Klimawirkung kann in die äquivalente Menge CO2 umgerechnet werden und bietet so den Vorteil einer vereinheitlichten Kennzahl der Treibhausgasemissionen.

 

Nachhaltigkeit in der Praxis

Für die Betrachtung der Fragestellung „Wie kann ein nachhaltiges Verpflegungskonzept in der Gemeinschaftsverpflegung etabliert werden?“ müssen für alle Prozessstufen Anforderungen festgelegt werden. Die Prozesskette in der Gemeinschaftsverpflegung reicht von der Speisenplanung, über den Einkauf, Lagerung, Vorbereitung, Zubereitung, Portionierung und Reinigung bis hin zu Entsorgung. 

Basierend auf den genannten Prozessstufen, werden im Folgenden beispielhaft einige Anforderungen aufgeführt, die bei der Entwicklung und Umsetzung eines Nachhaltigkeitskonzepts Berücksichtigung finden können.

Es obliegt jeder Einrichtung selbst festzulegen, in welcher Prozessstufe (erste) Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Unerlässlich dafür sind:

  • die eindeutige Bestimmung der Verantwortlichen für die dauerhafte Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzepts,
  • die regelmäßige Evaluierung aller Maßnahmen,
  • die Schulung der Mitarbeiter und
  • die Information der Tischgäste.